Erfolg, Karriere, Geld, Familie, Sicherheit, Glück, körperliches Wohlbefinden, Wohlstand, positiver Impact, Nützlichkeit und Beliebtheit.
Gute Ideale unserer Zeit?
Unsere Leistungsgesellschaft ist getrieben vom Erfolgsanstreben. Sei es im Beruf, in den privaten Beziehungen, im Blick auf den Kontostand oder im Hinblick auf den körperlichen Fitnessgrad. Wir haben kulturelle Ideale. Mit denen wir uns tagtäglich über die Medien oder in privaten Gesprächen konfrontiert sehen.
Intensiviert wird das Streben durch intrinsische Ideale. Sei es die Übernahme von den gesellschaftlichen Idealen oder das Entwickeln eigener Ideale, geschöpft aus anderen Quellen – es ist plötzlich nicht nur noch die (gefühlte) Erwartung anderer Menschen an dich – nun ist es auch dein eigenes unabdingbares Ziel.
Hast du dir schon einmal bewusst gemacht, was deine Ideale sind? Was tagtäglich jegliche deiner Handlungen motiviert?
Nicht wenige Menschen sehen sich gehämmt und gelähmt durch ihre Ideale. Aus Angst sie nie zu erreichen. Die Alternative zu den Idealen ist das Versagen. Wenn die Ideale für ein wertvolles, zufriedenstellendes, lebenswertes Leben stehen, setzt Versagen Wertverlust, Unzufriedenheit und ein nicht lebenswertes Leben auf die andere Seite. Vielleicht nicht mal bewusst, aber Menschen kultivieren Angst vor dem Versagen und nicht Erreichen ihrer Ziele. Allein zu sein ist die größte Katastrophe. Dazu noch arm und ein Leben ist quasi vorbei. Jeder will doch etwas Besonderes sein. Doch was, wenn nicht?
Die Angst vorm Scheitern. Versagensangst. Das Ende!
Aufstehen, weiterrennen. Wegrennen vorm Versagen. Schneller, stärker, weiter. Immer weiter.
Angst ist hierbei der Motivator. Solange Angst mit Hoffnung auf Entkommen da ist, ist man produktiv. Hat die Angst gesiegt, prograstiniert man und badet im Versagensloch. „Ich werde es ja eh nie schaffen! Wieso anstrengen, wenn das alles sowieso kein Sinn hat? Jetzt ist es eh zu spät. So gut wie die anderen werde ich eh nie sein. Was soll das denn bringen? Diese minimale Veränderung wird mich auch nicht besser machen, kann ich auch gleich so bleiben, wie ich bin. Ich bin ja schließlich gut genug. Oder etwa nicht? Jetzt was zu ändern wäre die Verleumdung meiner selbst.“ Ist man der Angst entkommen kann man aber ebenfalls prograstinieren. „Ich habe alles was ich brauche, um zufrieden zu sein. Wieso sollte ich das nicht auskosten? Mir geht es sehr gur, ich bin glücklich und solange das so bleibt, ist alles gut!“ Und es wird ein annehmbarer Zustand kultiviert – das Lebensglück ist erreicht. Neue Ideale würde bloß den Angstwettlauf aufs neue Starten und wer will das schon?!
Nicht ohne Grund sind in der Literatur oft Idealisten diejenigen die Leiden. Das Streben nach Veränderung. Das Streben nach Zukunft. Statt im Moment zufrieden zu leben. Doch sind sie auch meist die beeindruckenden Persönlichkeiten. Diejenigen die was bewegen. Die eine Mission haben und kämpfen.
Hier öffnen sich nun mehrere Fragen: Zum einen: Was sind für mich „gute“ „sinnige“ „wertvolle“ Ideale? Und zum anderen: „Wie schaffe ich es einen anderen Motivator zu finden und den Angstmotivator auszuklammern?“
Sich mal über Ideale Gedanken zu machen, ist sicher nicht verkehrt. In ihnen steckt viel Sinngebung. Und Antriebskraft, wählt man sie nicht generell sondern entwickelt aus ihnen heraus ein spezifisches Ziel: „Ich will einen Künstlerhof aufbauen und dort Menschen positive Impulse setzen!“. Konkretisiert und doch noch in weiterer Ferne. Doch kann es sehr belastend sein, im Bewuusstsein so viele Ideale zu haben und noch lange nicht in diesem unerfüllten Zustand zu sein und nicht einmal zu wissen, ob es jemals so kommen wird.
Ein Studienkollege erzählte mir neulich eine Geschichte, von einem Mädchen, welches inzwischen Milliardärin ist. Ihr Vater fragte sie jeden Abend am Küchentisch: „Woran bist du heute gescheitert?“. Er wollte nicht wissen, was gut lief oder was Banales passiert ist. Am wichtigsten war ihm, dass sein Mädchen jeden Tag an etwas scheiterte. Warum? Zum einen, um ihr die Angst vorm Scheitern zu nehmen. Scheitern gehört dazu, lehrt dich und macht dich stärker. Zumindest wenn du es nicht verdrängst oder negativ verarbeitest. Zum anderen, um sie zu motivieren voranzugehen. Nicht stehenzubleiben. Zum weitergehen gehört Scheitern zwangläufig dazu. Wer stehen bleibt, der versucht sich vor dem Scheitern zu schützen. Für ihn war Scheitern ein Zeichen des Fortschritts!
Vertrauen statt Angst.
Was kann denn schlimmstenfalls passieren? Mal ehrlich? Du hast dich. „In dich zu investieren ist das Beste Investment was du machen kannst!“ – sagte mir eben dieser Studienkollege, als ich ihn fragte, wie man am Besten investiert. Du bist das einzige Kapital, dass du nicht verlierst. Dich an materielle Dinge zu klammern aus Versagensängsten, dich dann darüber zu definieren, aber als Person nicht weiter zu wachsen, hm.
Große Ideale zu finden ist wohl genauso schwierig wie die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten.
Aber letzendlich steckt doch schon alles in uns drinnen. Letzendlich weist du, wo du hinwillst. Wenn du ehrlich zu dir bist. Nicht auf ein Endzustand hinarbeitend. Aber was für dich harmonisch und stimmig ist – und was eben nicht.
Wir arbeiten gerade wieder mit Figurenfindung. Wie eine Figur aufsteht, wie sie mit ihren Dingen umgeht, wie sie ihren Körper pflegt, wie sie isst, wie sie Zähneputzt und all diese alltäglichen Handlungen zeigen so viel über diese Figur. Charakterisieren sie schon. Wie achtsam bist du mit diesen Dingen? Schenkst du ihnen die nötige Aufmerksamkeit und machst sie als Wohltat für dich und im Einklang mit dir? Oder siehst du sie als Zeitfresser und Produktivitätslähmung, in Gedanken an kapitalistische Wertschöpfung? Was ich damit sagen will: Bist du rundum eine Persönlichkeit im Einklang mit sich selber? Oder versuchst du noch Erwartungen zu entsprechen?
Belügst du dich durch Angst selber? Kennst du deine Ideale? Woher kommen deine Ideale? Stimmen die Ideale, die du momentan verfolgst mit den Idealen in deinem Herzen überein? Bist du Idealist?
Hast du Angst vorm Scheitern? Oder arbeitest du selbstbewusst aufs Scheitern zu?!