Aus. Aus. AUUUS!!!

Reflektiere mal einen Selbstmord… Wenn die Nachricht eintrifft, dass ein geliebter Mensch sich das Leben genommen hat, fällt es schwer, das Ganze erstmal einzuordnen.

Wo sind die Ursachen für diese Entscheidung? Überreaktion oder lang geplante Aktion? Wo hat Hilfe gefehlt? Wo lagen all die Kleinigkeiten, die zu so etwas Großem geführt haben? Gab es Schlüsselereignisse? Hätte ich eine Wendestelle für diese Person sein können? Tiefergreifend: Was hat der Person gefehlt? Wo war das Ungleichgewicht? Was braucht es für ein zufriedenstellendes Leben? Kämpfen wir alle unser ganzes Leben lang gegen den Tod an? Was ist psychische Gesundheit? Wo fangen suizidale Gedanken an? Wo liegt Heilung? Ist jeder Mensch heilbar? Wer trägt Verantwortung für seinen Mitmenschen? Individualismus oder tragende Gemeinschaft?

Ich wünschte ich könnte einen schönen Text schreiben. Diese ganzen Fragen strukturiert mit Kettenreaktionen und Lösungsansätzen behandeln. Das bekomm ich aber nicht hin. Leben ist nun einmal nicht analytisch. Analyse kann ein Hilfsmittel sein, um gewisse Dinge zu reflektieren und in Gang zu setzen. Analyse reduziert aber auch immer und spiegelt die Realität in verfälschten Proportionen wieder. Gerade wenn man gar nicht so viele Informationen zur Verfügung hat. Dennoch trifft es einen!

Ich würde so gerne den Kopf; die Psyche des Selbstmörders verstehen! Um es zu begreifen. Um es einzuordnen. Damit es nicht wie ein schwarzes Loch dasteht, über das nicht geredet, nicht nachgedacht wird. Das Tabuende eines Lebens.
Manche stempeln es als Feigheit ab, als unverantwortliches Handeln den Mitmenschen gegenüber und hören auf, sich damit zu beschäftigen. Wieder andere deklarieren es als Krankheit, als unvermeidbares Schicksal dieser psychischen Krankheit, und separieren sich so von dem Geschehenen.
Vielleicht sind es auch ganz gute Reaktionen. Abstand zu gewinnen, sich nicht mit nach unten reißen zu lassen. Als Goethe „Die Leiden des jungen Werther“ veröffentlichte, erfolgte daraufhin eine große Welle an suizidalen Nachahmungen. Suizid als letztes Mittel, um die innere Freiheit zu erlangen. Die Leute ließen sich (zu) sehr auf das Gedankengut ein. Es katalysierte ihre inneren Prozesse in eine Richtung.

Sich eben nicht mit hinunter ziehen zu lassen, darauf legt Jobst großen Wert! Seine Kräfte sowohl aus der Erde, als auch aus der imaginären Sonne aufzutanken – sprich nicht nur auf sich selber angewiesen zu sein; durch archetypische Bewegungen körperlich wie seelisch Dinge zu bearbeiten und dann in die horizontale, in die Begegnung zu gehen und sich nicht zu isolieren, das sind die schauspielerischen Tools, mit denen wir uns wieder freischaufeln und auftanken. Beim Partner die Hand auflegen, den Partner segnen. Gesehen zu werden, größere Kräfte wirken lassen, all das geht nicht spurlos an einem vorbei. Auch eine sehr hilfreiche Übung: Sich auf den Boden zu legen, sich vorzustellen man liegt auf dem schwarzen Meer, und dann alle Sorgen, alles Schwere mit einem laut ausgesprochenen „aha mhm“ in den Boden versinken zu lassen. Befreiend. Und immer wenn Jobst klatscht, sich super schnell aufzurichten und sich im nächsten Atemzug schon wieder aufs Meer fallen zu lassen.
Es ist wertvoll die Dinge so in eine Körperlichkeit, in eine Freiheit und in eine Energieumwandlung zu bekommen. Die Gruppe trägt und dennoch muss sich jeder individuell darauf einlassen und innere Konflikte bearbeiten.

Auch Gespräche helfen. Gedanken aufschreiben hilft. Ruhe hilft. Sport hilft. Begegnung hilft. Perspektive hilft. Glaube hilft.

Verarbeitung ist ein Prozess (Wie das Leben selbst). Aber ein wichtiger. Verdrängung bringt dich langfristig gesehen nicht weiter.
Tod gehört als Gegensatz zwangsläufig mit dazu.

Die große Frage ist: Stellst du die richtigen Fragen? Und: Klammerst du oder bewegst du dich auf Freiheit und Entwicklung zu?

Jobst versucht parallel zur schauspielerischen Ausbildung unsere Tragfähigkeit zu erhöhen. Sprich uns Leid-/Impulsresilienter zu machen.

A. hat auch nach dieser Tragfähigkeit effektiv gesucht. Um sie gekämpft. Fragen gestellt. Doch sein Leben hatte einen anderen Ausgang. Ich werde es weder bewerten, noch als bloße Krankheit abstempeln, noch wegsehen. Ich kenne nur ein paar der Puzzelteile vom kompletten Bild. Ich hoffe ich finde weitere. Um zu wachsen. Um das Leben zu verstehen. Aber das Ganze Bild, das kennt höchstens er – vielleicht sogar nur Gott!